Starkenburger Echo 22. September 2005, Fachwerkgebäude Weiherer Weg gross

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Goldene Blüten zieren die "gut Stubb"

Bauprojekt - Ehemalige Wohnstube des denkmalgeschützten Anwesens Weiherer Weg 3 wird zum Anschauungsobjekt

VON BRIGITTE GERBIG

ZOTZENBACH. Eine etwa ein Meter hohe, rund 30 Zentimeter breite Schranktür liegt auf dem Tisch: Andrea Frenzel entfernt vorsichtig mit einem kleinen Spachtel die weiße Farbschicht und legt den Holzeinsatz frei. Seit etwa zweieinhalb Wochen ist die Restauratorin in der "gut Stubb", dem ehemaligen Wohnzimmer des Anwesens Weiherer Weg 3 in Zotzenbach zugange.

Zuerst wurde die Decke des Raums, der wie früher üblich zur Straßenseite ausgerichtet war, instand gesetzt: "Wir machten die Dispersion ab - und dann blätterte es und blätterte, und blätterte", beschreibt die Fachfrau wenn auch schmunzelnd - die staubige und anstrengende Arbeit, mit der sie zu zweit rund vierzehn Tage beschäftigt waren. "Jetzt ist der Dreck weg, nun geht's an die Feinarbeiten", freut sich Frenzel.

Und eine Kostprobe dieser Feinarbeiten war gestern in dem historischen Gebäude schon zu sehen: Geometrische und figürliche Ornamente in blau-violett, grün und rosa zieren einen Teil der Wand - vergoldete Blüten und Blätter geben dem Ganzen etwas Prachtvolles.

Betucht müssen die ehemaligen Besitzer der alten Hofreite, in der auch ein Handwerksbetrieb untergebracht war, schon gewesen sein: "Das ist ja das Schöne - die Leute, die hier wohnten hatten sehr schöne Innenraumdekorationen mit sehr schöner Schablonentechnik", schwärmt Andrea Frenzel. Und genau die soll wieder sichtbar gemacht werden: Die "gut Stubb" - der aufwendigste Raum, wie die Fachfrau erläutert, wird in etwa zwei Wochen zum Anschauungsobjekt: "Es soll ein Paradebeispiel sein, wie es früher einmal war." 160 Arbeitsstunden sind dafür angesetzt.

Um sich über den Zwischenstand zu informieren, kamen gestern Heinz Wionski, Bezirkskonservator vom Landesamt für

Denkmalpflege Hessen, Rolf Pfeifer von der Unteren Denkmalschutzbehörde und Bürgermeister Hans-Jürgen Pfeifer in das denkmalgeschützte älteste Gebäude dieses Rimbacher Ortsteils.

"In geballter Form originale Substanz und Befunde"

Beeindruckt von der Arbeit der Restauratorin freute sich Rolf Pfeifer erneut über diesen günstigen Fall", wie er sagte. "In so geballter Form originale Substanz und Befunde zu haben - ich kann mich nicht erinnern, dass es so etwas hier schon Mal gab". Durchgängig werden die farbigen Ornamente an den Wänden, wo bis zu 15 Schichten übereinander aufgebracht sind, aber nicht restauriert - das wäre entschieden zu teuer. "In den anderen Räumen wird etwas reduzierter gearbeitet", so Rolf Pfeifer.

Auch Konservator Wionski sprach von einem "stattlichen und bemerkenswert schönen Haus", das Anfang des 19. Jahr-

hunderts seine Blütezeit erlebt habe. Aus dieser Zeit stammen die meisten und am besten erhaltenen Bauteile, die in ihrem alten Zustand wieder hergestellt werden sollen.

Das Projekt wird mit Geld aus dem Dorferneuerungsprogramm und vom Denkmalamt bezuschusst. Er habe von dem Vorwurf gehört, dass "Steuergelder verpulvert" würden. "Ich bin überzeugt, dass es ein vernünftiges Vorhaben ist, das viele Besonderheiten aufweist", sagte Wionski und nannte als Beispiel den uralten überdimensionierten Küchenherd aus längst vergangenen Tagen. "Damit kann man arbeiten" - das Projekt "ist eigentlich über jeden Zweifel erhaben".

Das sieht nicht jeder so. Das Anwesen am Weiherer Weg sorgt bei einigen bis heute für Unruhe. Nicht zuletzt wurde auch bei diesem Objekt wieder die rote Farbe zum Stein des Anstoßes. "Von der Farbigkeit ist das nichts Aufregendes, fahren Sie mal ins Bayerische - aber für die Gegend hier ist das was Besonderes", verteidigte Rolf Pfeifer den Anstrich, der vom Amt für Denkmalpflege vorgegeben wurde. Erst im Juli hatten die Rimbacher Grünen bemängelt, dass der Arbeitskreis Dorferneuerung Zotzenbach bei "vielen relevanten Fragen" zum Projekt Weiherer Weg zu wenig eingebunden sei und wollten wissen, was überhaupt aus dem Haus werden soll. Und Ortsvorsteher Hans Siebert hat - zusammen mit Fachleuten, wie er sagte - eine Mängelliste über das Anwesen zusammengestellt, die er vergangene Woche im Gemeindeparlament übergab.

Finanzierung

Bis heute wurden insgesamt
453 000 Euro in das Anwesen
Weiherer Weg 3 investiert, davon entfielen auf die Gemeinde
245 000 Euro. In den Gemeindekosten ist auch der Erwerb des Gebäudes von 106 000 Euro enthalten.

Bildunterschrift:

Prachtvolle Blüten: Restauratorin Andrea Frenzel arbeitet derzeit im historischen Anwesen am Weiherer Weg 3 in Zotzenbach. In rund zwei Wochen soll das ehemalige Wohnzimmer des Hauses - die "gut Stubb" - so hergerichtet sein, wie es Anfang des 19. Jahrhunderts die damaligen Besitzer sahen. Wie mehrfach berichtet, hat die Instandsetzung des ältesten Gebäudes in diesem Rimbacher Ortsteil auch für Unruhe gesorgt. Stein des Anstoßes war wieder einmal die Farbgebung. Es hieß, dass gerade noch verhindert worden sei, dass die neu angebrachten Holzschindeln dunkelrot gestrichen wurden. Bürgermeister Hans-Jürgen Pfeifer hatte das scharf zurückgewiesen: "Von vornherein war dafür eine farblose Glasur vorgesehen."